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Freitag, 25. August 2006

Toronto Tales - Part 1

Teil 1: Unser Viertel

Wir wohnen im maltesischen Viertel. Allerdings klingt das wahrscheinlich toller, als es ist. Das einzig maltesische hier sind, glaube ich, die alten Männer, die den ganzen Tag im Park und vor dem Waschsalon sitzen. Was sie ausgerechnet dort zu suchen haben, bleibt dabei aber im Verborgenen. Sie scheinen nie irgendwas zu machen. Nicht mal trinken tun sie. Oder Schach spielen. Oder Domino. Oder Bücher lesen. Oder was alte Männer sonst so tun. Sie sitzen einfach nur rum und reden ganz komisch Wink ;)

„Malta Village“ nimmt einen relativ kurzen Abschnitt der Dundas Street West ein, so ungefähr zwischen der High Park Avenue und Runnymede. Das etwas bekanntere Viertel „The Junction“ befindet sich nur ein wenig weiter östlich, auf derselben Strasse. Wird man jedoch von Einheimischen gefragt, wo man wohnt und man antwortet mit „The Junction“ oder „Malta Village“, so weiss niemand etwas damit anzufangen. Meiner Einschätzung nach liegt das daran, dass weder das eine noch das andere Viertel auch nur ansatzweise etwas Interessantes zu bieten haben. Das einzige Highlight sind die Second Hand Bookstores, von denen es hier jede Menge gibt. Die Restaurants in der Gegend sind eher enttäuschend.
Es gibt jedoch auch Positives zu berichten. Wink Zum Beispiel befinden wir uns nur ca. 10 Fahrradminuten entfernt vom High Park, Torontos größtem und berühmtesten Park. Dort gibt es ein kostenloses Schwimmbad und außerdem die besten Poutine der Stadt. (Poutine = québecer Spezialität bestehend aus Pommes Frites mit Käse und dunkler Sauße). Das war dann aber auch schon alles, was ich bisher an kanadischer Cuisine ausprobiert habe. Ich habe mich bisher eher durch diverse thailändische, indische und mexikanische Restaurants gearbeitet. Demnächst ist auch mal ein Äthiopisches dran.

Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass wir genau über einem Waschsalon wohnen (den wir als einzige zu benutzen scheinen, obwohl da drinnen mindestens 30 Maschinen stehen) und man aus unserem Küchenfenster zwei sehr unterhaltsame Phänomene beobachten kann:

• Tagsüber: in der maltesischen Bäckerei genau gegenüber von uns versammeln sich die Senioren zu Kaffee und Imqaret und Qubbajt (man google dies bitte). Die Männer sitzen dabei immer rechts an der Wand, relativ nah bei der Theke, die Frauen machen es sich dagegen generell und immer am Fenster gemütlich. Beide verbringen den ganzen Tag dort. Das Reisebüro neben der Bäckerei hatte bis vor kurzem keinen einzigen Kunden. Dann jedoch hat die Besitzerin ein Schild aufgestellt, welches darüber informierte, dass man nun auch Albanern, Kroaten, Maltesern, Rumänen und Russen bei der Immigration behilflich sei. Seitdem sehe ich öfter am Tag Leute ein und aus gehen. Die meisten von ihnen könnte man dem südosteuropäischen Raum zuordnen… Wink 


Nachts verwandelt sich unser idyllisches Viertel in einen spannenden Schauplatz aus tierischer und menschlicher Beschaffungskriminalität. Bei ersterem sollte man möglichst alle Fenster und Türen schließen. Bei letzterem unbedingt alles offen lassen, denn es bietet sich Kino ohne Geld Very Happy.

  • Für die tierische Beschaffungskriminalität sorgen unsere Freunde die Waschbären. Ja, ihr habt richtig gelesen. Hier in Toronto watscheln Tag und Nacht Waschbären herum. Keiner weiß, warum und woher sie kommen. Sie sind einfach da. Als ich das erste Mal einen Waschbären bei uns gesehen hab, kam ich gerade etwas angetrunken vom fortgehen nach Hause. Ich stieg aus dem Bus und näherte mich unserer Tür, als mich da plötzlich so eine kleine Gestalt anstarrte. Ich dachte erst noch: „Nanu, so viel hast du doch nun auch wieder nicht getrunken“, aber als das putzige Tierchen dann immer noch da war, hab ich mich der Situation geschlagen gegeben. Am nächsten Tag war ich mir nicht so sicher, ob ich das geträumt hatte. Meine Mitbewohnerin hat dann aber gemeint, dass der Anblick normal sei. Naja, jedenfalls hab ich seitdem mit den Waschbären schon fast eine Art freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Immer wenn ich den Müll runter bringe, lass ich den Müllsack oben offen, damit sie sich daraus bedienen können. Ich glaub, ich könnte doch noch eine gute Mutter werden ;)
  • Die menschliche Beschaffungskriminalität ist nicht minder interessant. Jeden zweiten Dienstag so gegen halb 11 Uhr abends hören wir aus der Ferne Polizeisirenen. Wir machen dann immer das Licht in der Küche aus, um das Schauspiel so unauffällig wie möglich beobachten zu können. Sobald nämlich die Sirenen zu hören sind, gibt es im Haus schräg gegenüber Bewegung. Die Eingangstür wird aufgerissen und meistens rennen so 5 bis 6 Leute raus und die Kellertreppe hinunter. Dann hört man ein rumpeln (wir haben in weiser Voraussicht auch immer das Fenster geöffnet, mit Soundeffekten ist das ganze doch gleich doppelt spannend). Dann gehen drüben im Haus alle Lichter aus. Und dann ist auch schon die Polizei dort. Meistens sind es so zwei oder drei Streifenwagen, die es sich genau vor unserem Haus bequem machen. Naja, langer Rede kurzer Sinn: nach einer halben Stunde, in der wirklich absolut nichts passiert, gehen alle Polizisten in den Keller und kommen mit 4 Leuten wieder heraus (alle zwei Wochen dieselben). Die 4 Leute werden dann mitgenommen und verbringen die Nacht in der Zelle. Am Mittwoch Nachmittag sitzen sie dann schon wieder auf dem Rasen vorm Haus. Im Viertel geht das Gerücht um, dass die Polizei dabei ist, dort einen Riesen Drogenring aufzulösen, meine Theorie ist aber eher, dass sie sich selbst Stoff beschaffen. Warum sollte man die Leute denn sonst alle zwei Wochen wieder neu festnehmen und dann gleich wieder laufen lassen?

Wie dem auch sei, ich halte euch natürlich auf dem Laufenden, was diesen Krimi angeht.

Eure Jana

p.s. Ich bitte um Themenvorschläge für den nächsten Teil. Wollt ihr lieber was von der Arbeit oder der Freizeit lesen???

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